Aktuell:

  Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 11.11.2002 (Az.: 4 K 3180/98; 4 K 2864/98) entschieden, daß ein Großhändler für die Steuerhinterziehung seines Kunden haftet.

Sachverhalt:
Ein Großhändler belieferte Kunden, die Restaurants führten. In einem Bestellungsformular konnte vermerkt werden, ob die Rechnung unter Angabe von Namen und Adresse des Empfängers oder anonym als Barverkauf ausgestellt werden sollte. Bei einem Kunden des Händlers konnte die Steuerfahndung eine Steuerhinterziehung durch Nichtverbuchung der Einnahmen und der dazugehörenden Wareneingänge nachweisen. Im Anschluß daran wurde der Großhändler für einen Teil der beim Kunden nicht mehr beizutreibende Einkommen- und Umsatzsteuer in Haftung genommen.

Begründung:
In dem geschilderten Fall wurde dem Großhändler vorgeworfen, er habe die Steuerhinterziehung durch die Art und Weise der Abrechnungsmodalitäten unterstützt. Das FG Münster sah in dem Angebot, scheinbar anonyme Rechnungen auszustellen (die firmenintern wieder bestimmten Kunden zugeordnet wurden) eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Kunden. Der Großhändler habe seine in § 144 Abs. 3 AO geregelte Pflicht, zur Aufzeichnung des Warenausgangs mit Name und Adresse des Kunden verletzt. Die Tat der Kunden wurde dadurch gefördert. Die Haftungsinanspruchnahme des Großhändler wurde vom FG als rechtmäig angesehen. Gegen die geschilderten Urteile ist beim BFH Revision eingelegt worden.

Anmerkung:
Der Fall ist sicherlich speziell gelagert und offenbart eine vom Haftungsschuldner ausgehende aktive Unterstützung der Steuerverkürzungen seiner Kunden. Der Entwurf eines besonderen Bestellformulars, bei dem die anonyme Rechnungsstellung angekreuzt werden konnte, wurde dem Großhändler auch strafrechtlich zur Last gelegt und resultierte in einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung von 200.000 DM.

In der Entscheidung über die Revision wird der BFH Gelegenheit haben, ausführlich zu der Haftungsfrage Stellung zu nehmen. Die Einlegung des Rechtsmittels lohnt sich in dem bisher einzigartigen Fall sicherlich.

Da die Finanzverwaltung aber bereits seit längerem Großhändler unter deren Kunden besonders aufmerksam prüft kann zur Vermeidung von Haftungen nur empfohlen werden, keine Barverkaufsrechnungen ohne Namen und Anschrift des Empfängers auszustellen. Der Verstoß gegen die Pflichten aus § 144 AO wird zukünftig wohl noch strenger verfolgt.